Design Thinking gibt uns eine systematische und strukturelle Herangehensweise, um komplexe Probleme aus vielen Bereichen zu lösen. Es wird oft im Bereich der Ideen- und Innovationsentwicklung genutzt. Der Methode unterliegt ein mehrschrittiger, agiler und iterativer, Prozess. Dieser Design Thinking Prozess hilft uns dabei, unser Problem einzugrenzen und tatsächlich zu verstehen, Lösungsräume zu identifizieren und konkrete Ideen zu generieren. In jedem Schritt dieses Prozesses wenden wir verschiedene Kreativtechniken an und nähern uns so innovativen Lösungen für unsere Problemstellung. Dabei stehen Kund:innen und Kund:innenbedürfnisse immer im Vordergrund, der Prozess ist somit kundenzentriert.
Wie funktioniert Design Thinking?
Begründer der Design Thinking Methode sind Larry Leifer (Direktor des Hasso Plattner Design Thinking Programms der Universität Stanford), Terry Winograd (ebenfalls Mitbegründer des Hasso Plattner Instituts in Stanford) und David Kelley (Gründer der Agentur IDEO).
Die Entwicklung einer Lösung und dazu noch einer innovativen Lösung lässt kaum vermuten, dass ein konkreter Prozess zugrunde liegt. Der Design Thinking Prozess gibt uns auf der einen Seite die nötige Freiheit, um disruptive Innovationen zu entwickeln. Auf der anderen Seite bietet er uns eine Hilfestellung mit vielen Design Thinking Methoden, die wir nutzen können, um Lösungen für Bedürfnisse zu entwickeln. Die Arbeit mit der Design Thinking Methode basiert auf Iterationen. Hierbei können und müssen einzelne Phasen manchmal erneut durchlaufen werden. Der Prozess bietet jeder Zeit die Möglichkeit, in eine frühere Phase zurückzuspringen oder eine andere vorwegzunehmen.
Wie sieht der Design Thinking Prozess aus?
Die Schritte des Design Thinking Prozesses werden oft unterschiedlich aufgeteilt und interpretiert. Im Grunde ist der Verlauf aber immer gleich, lediglich die Anzahl der Phasen ist je nach Autor:in oder Anwender:in unterschiedlich. Nach unserer Auffassung durch läuft der Design Thinking Prozess folgende 6 Phasen:
Phase 1: Problem verstehen
In der ersten Phase konzentrieren wir uns auf das Problem oder die Herausforderung, die wir lösen wollen. Welches Problem hat unser:e Kund:in? Wir verstehen die Problemstellung. Wir verstehen, wer unsere Zielgruppe ist, wann das Ergebnis benötigt wird und wieso unser:e Kund:in denkt, dass er eine Lösung für das Problem braucht. Außerdem beachten wir Rahmenbedingungen, die in unserem Unternehmen vorliegen oder die uns unser:e Kund:in genannt hat.
Ziel dieser Phase ist es, eine sogenannte Design Challenge zu formulieren. Das ist quasi unser Projektauftrag, den wir mit dem Design Thinking Prozess lösen wollen.
Phase 2: Nutzer:innen beobachten
In der zweiten Phase konzentrieren wir uns auf unsere potentiellen Kund:innen und Nutzer:innen. Welche Bedürfnisse haben unsere Kund:innen? Wir werden Expert:innen darin, die Kund:innen besser zu verstehen.
Ziel dieser Phase ist es Empathie für unsere Kund:innen, die Nutzer:innen unserer Lösung, aufzubauen. Um unsere Kund:innen zu verstehen, beobachten wir sie in diesem Prozessschritt. Das können wir z.B. mit explorativen Interviews tun, einem Selbsttest oder durch das wirkliche Beobachten unserer Kund:innen, z.B. mit der Fly on the Wall Methode.
Phase 3: Standpunkt definieren
In der dritten Phase fassen wir unsere Erkenntnisse und unser Wissen zusammen. Welche Erkenntnisse können wir gewinnen? Wir teilen unser Wissen im Team. Unsere bisherige Analyse interpretieren wir und ziehen daraus neue Erkenntnisse und gewichten die Erkenntnisse. Das Bild unserer Nutzer:innen nimmt deutlich an Detailgrad zu.
Ziel der Phase ist es das Wissen mit unserem Team zu teilen und daraus greifbare Erkenntnisse zu genieren. Unsere Erkenntnisse fassen wir z.B. in einer Persona zusammen. Die Persona stellt unsere Nutzer:innengruppe mit ihren Bedürfnissen dar. Diese Persona lässt uns in den nächsten Phasen des Design Thinking Prozesses Empathie bei der Ideengenerierung empfinden. Wir schließen die Phase beobachten mit einer How-Might-We-Frage ab.
Phase 4: Ideen finden
Im vierten Prozessschritt entwickeln wir Ideen und skizzieren Lösungen. Welche Idee löst das Problem? Wir wenden verschiedene Kreativmethoden an, um mit unserem umfassenden Wissen neue Lösungen zu entwickeln. Unser Fokus liegt dabei auf der Quantität. Wir entwickeln möglichst viele Ideen, um anschließend auf innovative Lösungsansätze zu kommen.
Ziel dieser Phase ist es möglichst viele Ideen zu generieren und diese im Anschluss zu priorisieren. Zur Priorisierung können wir die Wow-How-Now-Methode nutzen. Wichtig ist es, sich auf ein bis zwei Ideen zu einigen und diese in der nächsten Phase zu testen.
Phase 5: Prototyp entwickeln
Im fünften Prozessschritt erwecken wir unsere Idee zum Leben. Wie visualisieren wir die Idee? Wir lassen unsere Lösung greifbar für die Kund:innen werden.
Ziel ist es, die Lösung mit unseren Nutzer:innen zu testen und neues Feedback und weiterführende Erkenntnisse zu gewinnen. Wir fokussieren uns darauf möglichst schnell und mit wenig Aufwand Prototypen zu erstellen. Die Prototypen werden kontinuierlich durch das Feedback unserer Kund:innen angepasst. Zu Beginn reicht oftmals eine Skizze oder ein gebasteltes Element aus.
Phase 6: Lösung testen
In der letzten Phase testen wir den Prototypen mit unseren Kund:innen. Welche Rückmeldung geben uns unsere Kund:innen? Wir erhalten qualitatives Feedback. Wir testen und entwickeln unsere Idee so lange weiter, bis unser:e Kund:in – unser*e Nutzer:in – unsere Idee als Problemlösung anerkennt. Ansonsten gilt: neue Ideen testen.
Ziel ist es unsere Ideen zu testen, um herauszufinden, ob unsere Lösung die Bedürfnisse unserer Kun:innen erfüllt. Dazu können wir z.B. die Card Sorting Methode nutzen, um unsere Features zu testen. Wichtig ist, dass unser Prototyp laufend angepasst wird und wir das Feedback unserer Kund:innen beachten sollten. Wenn eine Idee nicht gut bei unseren Kund:innen ankommt, gehen wir in die Phase 4 zurück und wählen eine andere Idee, die wir im Anschluss testen.
Das Problem steht im Vordergrund
Mit Blick auf die Schritte des Design Thinking Prozesses wird deutlich, dass wir uns in 3 von 6 Phasen zunächst mit dem Verstehen des Problems beschäftigen. Das ist ein wichtiger Aspekt der Methode. Wir investieren viel Zeit darein, das Problem richtig zu verstehen und einzugrenzen. Nur so ist es uns möglich, sinnvolle Ideen zu entwickeln die auch wirklich gewinnbringend sind. Das ist eine große Veränderung unserer Arbeitsweise, wir sind es gewohnt in Lösungen zu denken, nicht in Problemen. Wenn jemand ein Problem an uns heranträgt, machen wir automatisch Lösungsvorschläge. Wir verschwenden keine Zeit darauf, viele Nachfragen zu stellen und dem wirklichen Problem auf die schliche zukommen. Leider entstehen so oft Ideen, die das Problem gar nicht wirklich lösen. Der Design Thinking Prozess hilft uns, dies zu vermeiden.
Wir müssen unseren Kund*innen wirklich zuhören
Wieso kommen wir so selten auf die Idee einfach mit unseren Kunden zu sprechen? Damit meinen wir nicht, Kund:innen zu fragen, was sie wollen. Denn, wie schon Henry Ford einst sage: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“
Vielmehr sollten wir herausfinden, was unsere Kund:innen wirklich wollen. Wir müssen ihr Bedürfnis in den Mittelpunkt stellen. Und genau das tut die Innovationsmethode Design Thinking: Fokus auf den Menschen und seine Bedürfnisse, um innovative Lösungen zu entwickeln.
Wir müssen unsere Arbeitsweise ändern
All das bedeutet, dass wir unsere klassischen Arbeits- und Denkweise im Design Thinking hinter uns lassen müssen. Es kommt vielmehr auf diese Punkte an:
Design Thinking Mindset
- Wir denken in Problemen, nicht in Lösungen.
- Die Kund:innen stehen immer im Mittelpunkt.
- Wir sind offen für jegliche Ideen.
- Wir halten nicht unnötig an Ideen fest.
- Nur als Team kommen wir ans Ziel.
Die Design Thinking Prozess Erfolgsfaktoren
Design Thinking ist nichts Neues. Dennoch wenden längst nicht alle Unternehmen Design Thinking an.
Der Design Thinking Prozess zwingt uns, unsere bisherigen Arbeitsweisen hinter uns zu lassen. Wir sind es gewohnt ein detailliertes Konzept in Form von PowerPoint Folien und eine finanzielle Planung in Form einer detaillierten Excel abzuliefern, bevor ein Projekt gestartet wird. Genau dieses Vorgehen wird durch die Iterationen von Design Thinking abgelöst.
Wieso sollen wir mehrere hunderttausend Euro für eine Lösung freigeben, wenn wir noch gar nicht wissen, ob unsere Kund*innen diese Lösung kaufen?
Unser neues Motto sollte vielmehr lauten: Fail Fast, Fail Cheap.
Und eben dieses Vorgehen, schnelles Feedback zu bekommen, bringt uns Design Thinking bei. Wir erleben eine neue Art der Zusammenarbeit. Eine, die auf Pragmatismus setzt und durch Analysen und Erkenntnissen unseren Blickwinkel erweitert. Die vermeintlich wichtigste Lehre, die wir aus der Anwendung des Design Thinking Prozesses lernen können, ist zuzuhören. Wir werden nicht mehr sofort nach Lösungen suchen. Vielmehr werden wir uns Zeit nehmen, um uns das Problem anzuhören und zu verstehen, was genau die Herausforderung ist. Erst dann ist eine Lösung durch innovative Ideen möglich.
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